Erasmus à Lille

In diesem Blog möchte ich meine Erlebnisse als Erasmus-Student während meiner zwei Semester in Frankreich (Lille) schildern. Lille, eine Metropole im Norden Frankreichs, wird ab 1. September 2005 meine Heimat für 10 Monate werden. An meinem Leben als Erasmus-Student, den vielen neuen Eindrücken beim Umzug in ein fremdes Land und allem was mich noch erwartet, möchte ich euch auf diesem Wege teilhaben lassen.

Wednesday, December 14, 2005

Wenig Schlaf & Viel Ärger

Es macht wenig Spaß, eine Woche lang kaum zu schlafen, weil man jeden Tag eine Prüfung zu machen oder ein Projekt abzugeben hat. Die triste Stimmung verwandelt sich allerdings in richtigen Frust, wenn man das umsonst macht. Wüsste man nämlich vorher, dass man zwei Prüfungen weniger haben wird, könnte man sich die Zeit gleich weit besser einteilen, und sich auf die Prüfungen, die tatsächlich stattfinden, auch besser vorbereiten. Zusätzlich könnte man ausgeruhter und weniger nervös zu den Prüfungen erscheinen.
Ich weiß, es ist eines meiner Dauerthemen mich über die Universitätsadministration zu beschweren, wie die eine oder andere Französin schon festgestellt hat (oui, je parle de toi, Marion!). Es ist für mich eben etwas ungewohnt, dass man auf eine Prüfung wartet, und der Professor einfach nicht auftaucht. Bei Nachfragen will dann erstmals keiner zuständig sein, bis sich schließlich irgendwer findet, der die Prüfung endgültig für verschoben erklärt. Verschoben auf wann? Na keine Ahnung, natürlich! Die ersten Gerüchte meinen dann, die Prüfung würde am Samstag stattfinden. Toll - somit darf ich noch einen Tag länger durchhalten. Zur Sicherheit schickt man dem zuständigen Professor noch eine mail, um diese Information bestätigt zu bekommen. Natürlich erhält man niemals eine Antwort.
Zwei Tage (und immerhin ein erfolgreich präsentiertes und abgegebenes Projekt) später schließlich das nächste Vorkommnis dieser Art. Nämlich gerade eben. Alle Studenten warten auf die Prüfung, es findet sich nur kein Professor, der auch prüfen möchte. Erste Auskünfte: Nein, der Professor der da ist, hat keine Prüfung anzubieten, aber wir sollen warten. Bis wann? Weiß niemand.
Zusätzlich schnappe ich das Gerücht auf, dass die Prüfung, die für Samstag angerüchtet wurde, nun nach den Ferien stattfinden soll. Wann genau? Weiß niemand, aber vor dem 5. Toll! Mein Flugticket habe ich für den 4. Jänner gebucht. Nicht-änderbar, da mit Billig-Airline. Allerdings schon teuer genug, weil
-) ich seit Anfang November allen Professoren nachlaufe, um Prüfungstermine zu erfahren
-) mir lange Zeit niemand Auskunft geben konnte
-) die Preise inzwischen gestiegen sind, weil ich nicht mehr früh genug dran bin
Als ich mir Anfang Dezember endlich alle Prüfungstermine versichern hatte lassen, habe ich endlich meinen Flug buchen können. Tja - und jetzt passt wieder nichts!
Der immer sehr freundliche Erasmus-Koordinator verbessert unsere Stimmung nicht unbedingt mit seinem scherzhaften "et vous êtes obligés de partir en vacances?". Doch er verspricht uns, eine Lösung zu finden.
Als wir schon das Gebäude verlassen wollen (die meisten Studenten sind mittlerweile verschwunden - Zeit für eine Prüfung bleibt ohnehin nicht mehr) entdecken wir den für die aktuell entfallende Prüfung zuständigen Professor. Unsere Probleme findet er höchst lustig, und er versteht es prächtig, uns den Eindruck zu vermitteln, es wäre unsere Schuld, dass wir im Jänner nicht an der Prüfung teilnehmen können. Wiederholt fragt er uns, ob wir nicht früher kommen wollen. Schließlich schreibt er sich wenigstens die Tage auf, an denen wir zurückkommen, weigert sich aber, uns zuzusichern, dass es für uns kein Problem geben wird.
Gerade wo wir angefangen hatten, uns hier richtig wohl zu fühlen...

Tuesday, December 13, 2005

Französische Prüfungszeit

Die französischen Prüfungsperioden sind kurz. Der Nachteil daran: Sie sind sehr intensiv, das Recht auf Schlaf wird einem vorübergehend entzogen. Hinter mir liegen 21 Stunden wach-sein mit wenig Pausen, vor mir liegen 4h Schlaf. Es quält die Unsicherheit, von den drei Weckern nicht geweckt zu werden. Bis Samstag gilt es noch durchzuhalten, dann liegen 2 eher unangenehme Wochen hinter mir.

Thursday, December 08, 2005

Stromausfall

Stromausfall 23:40. Liegt es an meiner Kochplatte? Pete hat bereits einige Male damit seinen Gang lahmgelegt. Den Herd reinigen, und anschließend kochen - gefährlich. Auf das Reinigen des Herds verzichte ich vorsorglich bereits seit Tagen.
Ich werfe einen Blick nach draußen. Oder versuche es. Der Gang ist dunkel. Doch man hört Türen, die geöffnet werden, Schritte im Gang. Finsternis. Kein Strom. Lichtreste aus dem zweiten Stock. Ich schließe die Tür wieder hinter mir (oder besser gesagt schließt sie sich selbst - der Auto-Schließer nervt) und überprüfe im Dunkeln meinen Zimmer-Sicherungskasten. Muss ja niemand wissen, dass es diesmal mein Herd war. Nun, meine Sicherungen haben nichts mitbekommen.
Ich schnappe mir also, was ich im Dunkeln für meine Schuhe halte, und begebe mich in den zweiten Stock, um von Pete eine Taschenlampe auszuborgen. Ich hätte zwar auch meine Fahrradlampe, doch diese gilt als verschollen, und ich würde nicht damit rechnen, sie in weniger als 20min finden zu können. Pete gibt mir Taschenlampe und gute Tipps mit auf den Weg. Wieder ein Stockwerk höher angekommen treffe ich einen spanischen Erasmus-Studenten, mit dem ich die Lage bespreche. Es herrscht Leben im dritten Stock. Jemand liest ein Buch, im Gang sitzend mit Taschenlampe.
Das Nachtmädchen-für-alles kommt gutgelaunt die Treppe hinauf, macht sich am Sicherungskasten zu schaffen, das Licht geht wieder an. Nachtmädchen-für-alles tratscht mit mir und dem Spanier, verabschiedet sich, geht. Wir zwei Erasmen beschweren uns über Live, die heute eine Party organisiert haben. "Kein Métro-Problem, da bis 05:00!" Und wie geht man da dann um 08:00 zu Vorlesungen? Egal - wir verabschieden uns voneinander, ich kehre in mein Zimmer zurück. Ich nehme meinen ganzen Mut zusammen, schalte die Zeituhr ein, danach die Kochplatte. Es passiert - nichts. Mein Herd ist unschuldig! Alles wird gut. Die Nudeln beginnen wieder zu köcheln.

Tuesday, December 06, 2005

Aachen in Lille

Diesen Sonntag war eine von live organisierte Busreise nach Aachen geplant, um dortigen Weihnachtsmarkt zu besuchen. Eigentlich hätte die Reise am Samstag stattfinden sollen, was eine Teilnahme meinerseits unmöglich gemacht hätte (siehe Posting zum Französischkurs), "glücklicherweise" wurde sie aber doch noch verschoben.
So rüttelte ich mich also am Sonntag um 07:15 aus dem Bett um zu packen, und rechtzeitig um 08:30 bei der Métrostation zu sein.
Nach ca. 15min Wartezeit tauchten dann auch zwei Busse auf, in die wir frohen Mutes einstiegen. Da wir mittlerweile eine gewisse Unpünktlichkeit und schlechte Organisation ja gewohnt sind, dachten wir uns noch nicht viel dabei, als wir um 09:00, also 30min nach dem geplanten Abfahrtszeitpunkt immer noch nicht vom Fleck gekommen waren. Um 09:15 wurde uns dann erklärt, dass die Busfahrer auf irgendwelche wichtigen Papiere warteten, die per Post nicht gekommen waren (??). Nach vielen weiteren, langen Warteminuten kam die Frau Chefin des Unternehmens schließlich im Auto dahergeflitzt, und brachte die "Papiere". Um 10:00 traten wir nun also endlich unsere Reise an.
Wir kamen ca. 300m weit. Ein Live-Mädel bewies große navigationstechnische Fähigkeiten, indem sie den Bus statt in Richtung Autobahn auf einen Parkplatz manövrierte. Tja, und der Busfahrer bewies große Berufsuntauglichkeit, indem er es schaffte, das Heck seines Fahrzeugs beim Umdrehen auf dem (leeren!) Parkplatz so zu zerstören, dass eine Weiterfahrt mit diesem Bus nicht mehr möglich war. Nachdem wir wegen des Gerüchts, ein anderer Bus würde kommen, weitere 30min gewartet hatten, gab es schließlich das endgültige Aus. Wir durften uns dann noch eine Rede der Firmenchefin anhören, die uns keinerlei französische Sprachkompetenz zutraute, und deshalb mehr mit den Händen als mit Sprache zu verstehen gab, dass wir unser Geld zurückbekommen würden (na das hoffe ich doch mal), und uns versicherte, dass es sich bei ihrem Unternehmen um eines der seriösen Sorte handelte. Nun, dem will ich nicht gleich wiedersprechen, aber um eines der verlässlichen Sorte handelt es sich wohl nicht unbedingt.

Den Nachmittag (der Vormittag war ja schon beinahe dahin) nützten wir für einen Ausflug nach Lille, wo es ebenfalls einen Weihnachtsmarkt am Place Rihour gibt. Erstmal gönnten wir uns aber café, chocolat chaud etc. in einem Kaffee. Anschließend wurde die Entscheidung gefällt, Arieh Potère, auch bekannt als Harry Potter im Kino anzuschauen. Da wir noch eine Stunde bis zu Vorstellungsbeginn hatten, besuchten wir wiedereinmal le furet du Nord, und wie immer kam ich nicht umhin, mit einem neuen Buch wieder herauszukommen. In diesem Fall sind es sogar drei, nämlich drei Bände "Bescherelle". La grammaire, La Conjugaison und L'Ortographe, damit die kalten Winterabende nicht langweilig werden ;-)
Der Film war...naja, ich hatte wenig geschlafen, aber dennoch fielen meine Augen einige Male zu. Ganz ok, aber keineswegs herausragend.
Nach Vin Chaud und Baguette Flambée am Weihnachstmarkt gönnten wir uns schließlich noch eine Fahrt am Grande Roue, bevor wir zu Lernzwecken wieder in unsere jeweiligen Unterkünfte zurückkehrten.

Monday, December 05, 2005

Französischkurs

Warum stehe ich am Samstag um 08:00 freiwillig auf, um einen Französischkurs zu besuchen, der mir weder für's Studium, noch sprachlich allzuviel bringt?

Vielleicht tue ich es, um mir jedesmal neuerlich anzuhören, was für ein fauler Sack ich doch bin, weil ich nur 4 von 7 mal anwesend war. (Nein, ich werde nicht direkt angesprochen, und bin bei weitem nicht der einzige betroffene). (Wenn eine Einheit während einer Ferienwoche stattfindet, stehen die Chancen eben gut, dass viele Studenten nicht kommen. Gleiches gilt, wenn eine weitere Einheit an einem Tag stattfindet, wo live, die Studentenorganisation für Erasmusstudenten eine Reise nach Boulogne veranstaltet. Und wenn ich krank bin, wie bei der dritten, versäumten Einheit, dann komme ich auch nicht.)
Vielleicht tue ich es, um mir jedesmal neuerlich anzuhören, wie arm Frau Professor doch ist, weil sie 40min mit Öffis zur Uni fahren muss.
Vielleicht tue ich es, um interessante, lehrreiche und aufregende Artikel über nie dagewesene Themen wie Kindererziehung udgl. lesen zu können.
Vielleicht tue ich es, um mir anzuhören, wie uninteressiert wir doch allesamt seien, weil sich niemand an den Diskussionen zu genannten Themen beteiligen will.
Vielleicht tue ich es, um mir anzuhören, wie mittelmäßig unsere abgegebenen Aufgaben doch gewesen seien (naja, wenn der Anzipffaktor groß genug ist, werden Aufgaben eben in 15min vor dem Kurs hingekritzelt. Was soll man dann erwarten?). (Als Gegenmaßnahme habe ich nun die letzten beiden Aufgaben nicht mehr gemacht, und muss mich deshalb durch Schimpftiraden in diese Richtung nicht mehr betroffen fühlen).
Vielleicht tue ich es, um mir anzuhören, dass in Frankreich nur die besten Studenten bleiben können. (Eine Absichts meinerseits in dieser Richtung war mir nicht bekannt, aber Frau Professor weiß da sicher mehr als ich)
Vielleicht tue ich es, um mir sagen zu lassen, dass Frau Professor bei einigen von uns Sorgen hat, wenn sie an die kommende Prüfung denkt. (Je m'en fous, Madame!)

Da mir keiner der genannten Gründe plausibel erscheint, bitte ich um Auskünfte: Warum werde ich kommenden Samstag wieder um 08:00 aufstehen, um ein letztes Mal zum Kurs zu gehen? (Prüfung, *zitter* ;-)

PS.: Ich habe seit 3 Monaten täglich mit der französischen Sprache zu tun. Ich lese, spreche, höre und schreibe Französisch. Was genau soll es mir bringen, eine sinnlose Aufgabe in Französisch für den Samstag vormittag zu machen, Frau Professor?

Wednesday, November 30, 2005

Nui...äh...Neuigkeiten!

Ist es beunruhigend, wenn man jeden Eintrag mit "Nuisances" betiteln möchte?

Nun, es gibt auch eine Menge erfreuliche Dinge.

Am Samstag den 26.11. hatten wir geplant, nach Brügge zu reisen, dort zu übernachten, und am Sonntag Gent zu besichtigen. Um günstigstmöglichst zu Reisen hätten wir aber sehr pünktlich den Französischkurs verlassen müssen, da wir innerhalb von 40min die Stadt durchqueren hätten müssen, um den Bus zu erwischen. Durch verschiedene Umstände wurde das gleichmal vereitelt. Pete irritierte mich, indem er (unabsichtlich! Er hatte nicht mitbekommen, dass der Kurs eigentlich schon zu Ende war) um 12:03 eine Diskussion mit der Lehrerin begann, welche dann auch bis 12:10 dauerte. Wir liefen zur Metrostation - um dort niemanden vorzufinden. Es sollte noch zehn weitere Minuten dauern, bis Oriane und Martin auftauchten, gemütlichen Schrittes, lachend und tratschend. Meine Stimmung war zugegebenermaßen schon ziemlich getrübt - Reisen zu organisieren ist zwar angenehm, aber dennoch ein wenig Aufwand, und wenn sich dann niemand um Termine kümmert, verärgert mich das doch ein wenig. In richtigen Unmut wurde meine Stimmung aber durch die nächste Meldung von Martin verkehrt - er würde nicht mitkommen. Bei "dem Wetter" hatte er kein Interesse an der Reise. Nett. Was hatte er erwartet, in le Nord? Weiters würden auch Karolina und Magda nicht an der Reise, da sie dank mitternächtlichem Spaziergang im Schneetreiben krank geworden waren. Nachdem wir von Martin noch das Versprechen erhalten hatten, er würde in der Jugendherberge anrufen, und die Reservierung ändern, machten wir uns zu dritt auf den Weg. Den Bus hatten wir klarerweise verpasst, weshalb wir uns zum Bahnhof begaben. Während wir auf den Zug warteten, nutzte ich die Gelegenheit um meine ersten "Frites" zu essen. Was soll ich sagen - für ein typisches Gericht der Region eher sehr gewöhnlich ;-)
Nach einer relativ kurzen Fahrt erreichten wir Brügge. Das Wetter hatte sich inzwischen etwas gebessert. Dies sollte allerdings nur Täuschung sein. Sobald wir uns auf den Weg zur Jugendherberge Charlie Rockets gemacht hatten, mussten wir auch schon den Regenschirm auspacken. Während uns Vorzeigeengländer Pete zuerst wie üblich versichern wollte, es handle sich keineswegs um Regen, lediglich um erhöhte Luftfeuchtigkeit, überlegte er sich es jedoch bald anders, und stülpte sich eine Kapuze über den Kopf.
In der Jugendherberge mussten wir feststellen, dass Martin sein Versprechen keineswegs eingelöst hatte, und noch immer sechs Leute erwartet wurden. Da wir früh genug angekommen waren, mussten wir schließlich doch nicht das ganze Zimmer bezahlen. Trotzdem hatte sich meine Stimmung durch die Aussicht, für zwei Betten statt für eines bezahlen zu müssen, nicht verbessert.
Den Samstag verbrachten wir dann damit, das touristische Brügge zu besichtigen. Wenn man's nicht wüsste, man könnte sich in einer englischen Stadt wähnen, wenn man durch die Straßen schlendert. Brügge ist voll mit Engländern. Zu geschätzten 70%, zumindest im Zentrum. Der Rest teilt sich dann vermutlich auf 20% andere Touristen, und 10% Einheimische auf. Eine schöne Stadt - die häufige Bezeichnung "Venedig des Nordens" ist nicht unverdient.
Am Abend weigerte sich Pete das zu essen, was er als "Drunk-Food" bezeichnet: Kebap, Frites & co. Deshalb konnte ich die kleinste Pizza seit Jahren genießen, die jedoch recht gut war.
Die Nacht verbrachten wir schließlich zu dritt im 6-Bett-Zimmer, bis 03:00 konnten wir allesamt kein Auge schließen, wegen unglaublich nervtötendem Techno-Bumm-Dumm vom unteren Stock. Charlie Rockets möchte nämlich zusätzlich zur JH eine Bar sein, dem Interieur nach eine Biker-Bar. Irgendjemand hat dem Besitzer aber zu sagen vergessen, welche Art von Musik damit üblicherweise einhergeht. Alle 20min wurde die Lautstärke dann erhöht, das ganze bis 04:00.
Den Morgen verbrachten wir dann damit, Frühstück zu finden, da Oriane das JH-Frühstück nicht mochte, und sich sicher war, etwas günstigeres zu finden (3 Euro in der JH. Ja, Oriane, nicht jeder will ein Pain au chocolat zum Frühstück, manche möchten lieber Kaffee, den's in der Boulangerie nicht gibt!). Schließlich bezahlten wir ca. 7 Euro in einer Sandwicherie - Sandwich und Kaffee waren aber zugegebenermaßen ziemlich gut.
Nach einer neuerlichen Zugfahrt erreichten wir schließlich Gent, wo wir den Sonntag verbrachten. Vielleicht lag es am Wetter, aber wir fanden Gent nicht sonderlich aufregend. Durchaus eine nette Stadt, aber mehr als den Sonntag-Nachmittag hätten wir nicht unbedingt dort verbringen wollen. Zu Mittag aßen wir Suppe, da alles andere unerschwinglich teuer war. Vor der Heimreise besichtigten wir noch ein Schloss, von wo aus wir auch einen guten Blick über die Stadt hatten.

Oh, ja, nur um mich zu verteidigen (siehe Petes Blog): In der Jugendherberge verbrachte Pete auch einige Zeit damit, Monty-Python-Zitate zum Besten zu geben ;-)

Saturday, November 19, 2005

Nuisances II

Kontinuität kann manchmal etwas nerven, z.B., wenn auf einen schlechten Tag einer folgt, der gleich noch schlechter beginnt.
Mein schlechtes Gewissen entschloss sich dazu, mich um 7h aus dem Bett zu boxen, wonach ich widerwillig die Französischaufgabe erledigte. Sodann machte ich mich auf den Weg zum Sprachunterrichtsgebäude, das unnötigerweise 12 Gehminuten entfernt ist, was bei der derzeitigen Kälte und dem ansonsten gewohnten Campus-Komfort schon einigermaßen unbequem ist. Nicht, dass sich meine Motivation seit gestern wesentlich gesteigert hätte - ich wollte den Französischkurs eher aus sozialen Interaktionsgründen (tratschen vor, während und nach der Pause sowie beim anschließenden Mittagsessen) aufsuchen. Dennoch war ich positiv überrascht, als wir erstmalig nicht über Kindeserziehung sprachen, sondern über Immigration und Rassismus in Frankreich. Die aktuellen Geschehnisse miteinzubeziehen war offensichtlich zuviel verlangt, aber immerhin zeichnet sich ein Fortschritt in Bezug auf die Themenwahl ab. Leider war dies bereits der Höhepunkt des Vormittags, die folgenden Nachrichten ließen wohl bei den meisten meiner MitstudierendInnen ein großes, mentales Fragezeichen auftauchen. Nämlich, so wurde uns nun, gegen Ende des Kurses erklärt, dürfen nur die Studenten an der Prüfung teilnehmen, die mind. 4 von 7 Samstagen anwesend waren. Das bedeutet für mich, das ich die letzten beiden Einheiten nicht mehr fehlen darf. Das wäre ja nun nicht so schlimm (obwohl etwas seltsam, dass diese Regel erst jetzt eingeführt wird). Weit seltsamer war dann die nächste Meldung - nur Studenten, die Französisch in ihrem Studienplan haben, dürfen an der Prüfung teilnehmen. Gründe hierfür wurden keine genannt. Ich benötige das Fach nun nicht wirklich (und in meinem Studienplan finden sich keinerlei Sprachen), aber wenn ich mich schon an Samstagen aus dem Bett schleppe, dann möchte ich auch meine Freifach-Credits dafür bekommen. Man scheint hier aber wie üblich die unterschiedlichen Bildungssysteme zu ignorieren, u. da in Frankreich ein Freifachkonzept nicht zu existieren scheint, wird eine solche Möglichkeit auch gleich ignoriert. Ich werde nun am Montag versuchen, mein Learning-Agreement ändern zu lassen, um Französisch darin aufzunehmen. Bin gespannt, welche Umwege ich diesmal wieder um die französische Bürokratie nehmen muss.

Nuisances

Heute durften wir ein wenig Sonne genießen - die Stimmung verändert sich an solchen Tagen gleich allgemein zum positiven. Das war ein Glücksfall, ansonsten hätte ich mich über die drei Ärgernisse des Tages sicherlich schlimmer aufgeregt. Da ich meinen Arzt noch bezahlen muss, wollte ich ihn heute endlich aufsuchen, da ich die Zeit dafür seit Wochenbeginn nicht gefunden hatte. Nach einem kurzen Spaziergang in der Sonne (glücklicherweise wusste ich heute ja, wo ich hinwollte) stand ich also vor seinem Tor, das ich verschlossen vorfand. Ein Blick auf die Informationstafel genügte, um mir klarzumachen, dass ich die Öffnungszeiten besser bei meinem ersten Besuch aufgeschrieben hätte.

Montag: 10-12
Dienstag: 12-14
Mittwoch: 14-17
Donnerstag: 14-16
Freitag: 17:30-18:30

Nun, für meinen Garagendoktor (dies ist wie beschrieben nicht abwertend gemeint) scheint das ganze wohl wirklich eher Hobby als Beruf zu sein.
Da ich gegen 11h dort war, und um 17:30 keine Zeit hatte, um wiederzukommen, wird er nun auf sein Geld noch warten müssen. Mir ist es relativ egal, gesundheitlich bin ich ja fast wiederhergestellt.

Am Nachmittag traf ich mich dann mit Manu, einer Französischstudentin aus Österreich zum Kaffeetrinken, wo wir viele lustige Uni-Geschichten austauschten. Ich erhielt u.a. die Bestätigung, dass Professoren hier von einem Erasmus-Bonus nichts wissen, und Arbeiten völlig gleich bewerten wie solche französischer Studenten. Vom Kaffee aus konnten wir übrigens das Riesenrad am Grand Place bewundern, das dort seit einiger Zeit steht, umringt von weihnachtlich aussehenden Hütten, deren Zweck bisher noch nicht festgestellt werden konnte. Sicherheitshalber ertönt aus der Mitte des Hüttenkreises bereits (überaus grauenvolle) Weihnachtsmusik. Was es mit dem ganzen auf sich hat, ist derzeit nicht bekannt, entsprechende Nachforschungen sind aber in vollem Gange.

Als in Gare Lille Flandres dann meine Heimreise antreten wollte, entschloss ich mich, mir eine Ausgabe der Tageszeitung "Le Monde" zu gönnen. Dies jedenfalls war meine Absicht, die allerdings von einem recht unfreundlichen Shop-Verkäufer vereitelt wurde, der sich strikt weigerte, mir meine gewählte Zeitung verkaufen. Begründet wurde das ganze mit einem an Freitagen geltenden Mindestpreis von 6.50 Euro. So sollte ich gezwungen werden, mir noch etwas auszusuchen, das ich eigentlich nicht wollte. Da sich der Verkäufer nicht erweichen ließ, und ich hingegen keinerlei Absichten hatte, 6.50 Euro auszugeben, und zuallem kein Freund dieser Art von Verkaufsstrategien bin, werde ich den Gratis-Le-Monde eben im Internet lesen. Ich hoffe, der Verkäufer hat mit 0 Euro tatsächlich mehr Freude, als mit dem Preis einer Tageszeitung, den ich gewillt war zu zahlen.

Leider sind die Ärgernisse des Tages damit noch nicht erledigt - auch wenn ich die folgenden dank der späten Stunde bereits dem Samstag zurechnen könnte. Französisch-Hausübung. Unnötig, ärgerlich, und leider noch nicht erledigt. Wie berichtet finden jeden Samstag 3h-Französischkurs statt. Leider hat sich dieser Kurs nicht gerade als besonders aufregend entpuppt. Genauer gesagt ist es der am wenigsten motivierende Sprachunterricht den ich jemals erleben musste (und beim Französischunterricht meiner Schulzeit ist das eine beachtliche Leistung). Leider kann man uns Naturwissenschaftler und Techniker mit Themen zur Kindeserziehung nicht unbedingt begeistern, und dies scheint das bevorzugte Thema unserer Professorin zu sein. Jedenfalls befassten sich bisher alle vier bisherigen Einheiten mit diesem spannenden Thema, das wohl jeder von uns schon in der Schulzeit (unter vielen anderen spannenden Themen) bis zum bitteren Ende (in Form von Schularbeiten) diskutieren und analysieren durfte. Die Motivationsfühler der Professorin scheinen leider derzeit defekt zu sein, sonst hätte sie bemerkt, dass sich niemand freiwillig an ihren gewünschten Diskussionen beteiligt. Der Lerneffekt bleibt denkbar gering, somit sinkt die Motivation unaufhörlich. Da ich den Kurs für mein Studium vermutlich nicht verwenden werde können, vernichtet das sogar den Wunsch, die Prüfung absolvieren zu können. Deshalb habe ich hier eine Angabe zu einer Aufgabe zum hochaktuellen, noch nie dagewesenen Thema "Fernsehen - schlecht für Kinder?" vor mir liegen, und soll eine Zusammenfassung darüber schreiben. Mal sehen, ob sich die Motivation um 00:30 dafür finden lässt.